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'Es ist Angst': Die Razzia gegen die Letzte Generation und die Folgen

20.05.2024 - 06:35:00
MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Den 24. Mai 2023 wird Carla Hinrichs wohl noch lange in Erinnerung behalten. "Morgens bin ich aufgewacht, weil es sehr laut an unserer Tür gerummst hat und "Polizei!" gerufen wurde", sagt die ehemalige Sprecherin der Klimaaktivisten-Gruppe Letzte Generation gut ein Jahr später. "Dann kam ein Polizist mit gezogener Waffe herein und hat gerufen: "Zielperson gefunden!"."

Die Wohnung von Hinrich und ihren beiden Mitbewohnern in Berlin ist eines von 15 Objekten, die 170 Polizisten an diesem Tag in sieben Ländern durchsuchen. Der Verdacht: Mitglieder der umstrittenen Klimaaktivisten-Gruppe könnten eine kriminelle Vereinigung gebildet haben. Unter Federführung der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) und des Landeskriminalamts im Freistaat wird auch die Internetseite der Gruppe vorübergehend abgeschaltet. Dort prangt stattdessen kurzzeitig der Satz: "Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar."

Der Verdacht: Bildung einer kriminellen Vereinigung

Es ist ein Hinweis, den die Ermittler nach scharfer Kritik schnell wieder zurücknehmen. Stattdessen ist nur von einem Anfangsverdacht die Rede. Gut ein Jahr nach dem aufsehenerregenden Höhepunkt des Vorgehens der Behörden gegen die Klimaaktivisten beschäftigt diese Frage aber immer noch Ermittler von Flensburg bis München:

Ist die Letzte Generation wirklich eine kriminelle Vereinigung? Erst am Samstag lieferten die Aktivisten neuen Diskussionsstoff für die Antwort auf die Frage. Zehn von ihnen wurden vorübergehend festgenommen, weil sie mit einer Klebeaktion den Münchner Flughafen für gut zwei Stunden außer Gefecht gesetzt hatten - mehr als Hunderttausend Passagiere waren im Pfingstreiseverkehr betroffen.

Alexander Dobrindt, Fraktionschef der CSU im Bundestag legt sich fest: "Eindeutig", sagte er kurz nach der Razzia als Antwort auf die Frage nach einer kriminellen Vereinigung. Nein, befindet dagegen ein Gutachten im Auftrag der Berliner Senatsjustizverwaltung im Sommer 2023 - es spricht Ermittlern aber letztlich einen Beurteilungsspielraum zu. Die Extremismus-Ermittler bei der Generalstaatsanwaltschaft München sehen den Verdacht weiter gegeben.

Wie vor gut einem Jahr werde gegen sieben Beschuldigte ermittelt, sagt ein Sprecher der Behörde. Fünf von ihnen würden verdächtigt, Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zu sein. Zwei sollen sie unterstützt haben. Ermittelt werde in dem Zusammenhang auch wegen Sachbeschädigung, Nötigung und Störung öffentlicher Betriebe. Unter anderem geht es um den Verdacht, zwei Aktivisten könnten im April 2022 versucht haben, die Öl-Pipeline vom italienischen Triest ins oberbayerische Ingolstadt zu sabotieren.

Angriffe auf Öl-Raffinerie und Infrastruktur

Wann das Verfahren abgeschlossen sein könnte? "Kann derzeit noch nicht belastbar prognostiziert werden", sagt der Sprecher der Münchner Ermittlungsbehörde. Unter anderem müssten noch umfangreiche Beweismittel ausgewertet werden, das dauere erfahrungsgemäß länger "und kann noch einige Monate in Anspruch nehmen".

Auch im brandenburgischen Neuruppin und in Flensburg an der Ostsee sind die Staatsanwaltschaften bei der Beantwortung der Frage bislang nicht viel weiter: Die Verfahren wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung dauern an, heißt es übereinstimmend. Es geht dabei unter anderem um Attacken auf Anlagen der Öl-Raffinerie PCK in Schwedt im Nordosten Brandenburgs sowie Angriffe auf Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur in mehreren Bundesländern.

"Wir stehen für das, was wir tun"

Dass Aktivisten der Letzten Generation für diese konkreten Taten verantwortlich sein könnten, bestreitet Hinrichs gut ein Jahr nach der Razzia nicht. "Wir stehen für das, was wir tun, mit Name und Gesicht", sagt sie auf die Vorwürfe angesprochen. "Wir warten auf die Polizei und zeigen unseren Personalausweis - weil wir überzeugt sind, dass unser Vorgehen angesichts der Krise, in der wir uns befinden, gerechtfertigt ist."

Nach der Razzia habe sie viel Solidarität erfahren, sagt Hinrichs, sogar eine "Explosion an Energie" in der Gruppe erlebt. Sorge bereite ihr das Vorgehen speziell der bayerischen Ermittler dennoch. "Das ist keine Verwunderung, es ist Angst", sagt die 27-Jährige. "Bei mir kann man einfach klingeln und nachfragen. Stattdessen wird mit einem Paragrafen ermittelt, in dem es um die Bekämpfung von organisierter Kriminalität geht."

Die Durchsuchung ihrer Wohnung sei "ein großer Einschnitt" für sie gewesen, sagt Hinrichs, die das wohl bekannteste Gesicht der umstrittenen Klimaschutz-Gruppe ist. Sie habe sich nach der Razzia monatelang unwohl gefühlt in ihrer Wohnung, sei beim leisesten Geräusch nachts aufgewacht. "Der Normalzustand ist auch jetzt nicht wieder da", sagt sie.

Scharfe Kritik an Razzia auf politischer Ebene

Das Vorgehen der Ermittler im Mai 2023 löst später auch auf politischer Ebene scharfe Kritik an den bayerischen Behörden aus. Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) bezeichnet die Durchsuchungsaktion als "völlig absurd". Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nennt die Ermittlungen "ganz schweres Geschütz" und einen "Angriff auf das Recht auf friedlichen Protest und die Zivilgesellschaft". Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) weist Kritik an der Razzia an sich zwar zurück, nennt die Beschwerden zum zwischenzeitlichen LKA-Hinweis auf der Internetseite im Nachgang aber gerechtfertigt.

Der UN-Sonderberichterstatter für Umweltschützer, Michael Forst, schreibt in seinem Bericht, Bayern behindere in manchen Fällen "die Ausübung des Demonstrationsrechts" - vor allem mit Blick auf die Tatsache, dass Klimaaktivisten dort mehrfach nach Klebeblockaden für bis zu einem Monat zum sogenannten Präventivgewahrsam in Gefängnissen festgehalten wurden. Das Polizeiaufgabengesetz in Bayern ermöglicht den Ermittlern diesen Schritt nach einem Richterbeschluss, um weitere Straftaten zu verhindern.

Das Landgericht München I erklärt die umfangreiche Durchsuchungsaktion später aber für rechtmäßig. Die Ermittler und ein Richter am Amtsgericht seien bei der Letzten Generation zu Recht von einem Anfangsverdacht der Bildung einer kriminellen Vereinigung ausgegangen. Bei einer Verurteilung wegen dieses Vorwurfs drohen Rädelsführern bis zu fünf Jahre Haft, in manchen Fällen sogar bis zu zehn Jahre.

Straftaten als Hauptzweck?

Dafür müsste unter anderem nachgewiesen werden, dass der Zweck oder die Tätigkeit der Letzten Generation auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden können. Dazu gehört zum Beispiel auch Nötigung - einer der Hauptvorwürfe bei deren umstrittenen und inzwischen eingestellten Straßenblockaden.

Eine weitere Bedingung wäre laut Strafgesetzbuch aber, dass Straftaten der Klimaaktivisten nicht nur "ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung" sind. Genau das sei jedoch der Fall, argumentiert Hinrichs. "Wir sind als Gruppe ja primär auf die Aufklärung der Gesellschaft über die Klimakrise ausgerichtet." Außerdem wolle die Letzte Generation bei den Wahlen am 9. Juni ins Europaparlament - und eine nicht verbotene politische Partei könne laut Strafgesetzbuch rechtlich nicht als kriminelle Vereinigung angesehen werden.

Gut ein Jahr nach der Razzia sei eine erste Anklage zu dem Vorwurf wohl dennoch nur eine Frage der Zeit, sagt Aktivistin Hinrichs. Sie rechne damit in den nächsten Wochen oder Monaten. "Ich würde mir wünschen, dass wir am Ende freigesprochen werden", sagt die 27-Jährige. Unabhängig davon sei für sie aber klar, dass sie weiter in der Gruppe aktiv bleiben werde. Das sei auch das Gefühl der Gruppe nach der Razzia gewesen: "Jetzt erst recht."/fjm/DP/zb


Quelle: dpa-AFX
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